Ursprünge des Militärischen und Hospitalischen Ordens des Heiligen Lazarus von Jerusalem
Die frühen Ursprünge
In allen Kontroversen, die sich um Ursprung und Geschichte großer Herrscherfamilien, mächtiger Staaten oder bedeutender Ritterorden entzünden, lassen sich sowohl der Widerschein der Bedeutung einer historischen Einrichtung als auch ihr realpolitischer Anspruch, ja sogar ihr Selbstverständnis erkennen.
Im Jahre 125 vor Christus herrscht ein Hoherpriester namens Johannes Hyrcanus, Sohn des berühmten Simon Maccabäus aus der Dynastie der Hasmonäer, über Jerusalem. Eine Beschreibung der Heiligen Stadt aus dem Jahre 1151 berichtet dazu: „Vor den Mauern von Jerusalem, zwischen dem Stefanstor und dem Tankredturm, befindet sich das Lazarett der Aussätzigen, das Johannes Hyrcanus errichtete, ein jüdischer Fürst, der die Geldmittel dazu vom Grabe des Königs David erhielt." Auch eine Chronik des Lazarusordens aus dem Jahre 1775 nennt Johannes Hyrcanus als ersten Großmeister. Päpste und Könige gehen später auf Geschichte und Ursprung des Ordens ein, greifen aber nicht so weit zurück. In einem Dokument vom 25. Juni 1343 erwähnt Johannes von der Normandie (der spätere König Johannes der Gütige), der Lazarusorden bestehe „seit den Tagen des großen Kaisers Vespasian" (70-79 n. Chr.).
Papst Paul V. wieder erklärt in einer Bulle aus dem Jahre 1565, daß jener „illustre Orden seit den Tagen von Basilius dem Großen, Damasus I., Valentinian und Julian dem Apostaten besteht ...", also ungefähr seit der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts. Dieses Dokument knüpft offenbar an die Tatsache an, daß die Lazariter lange Zeit den heiligen Basilius den Großen als den Gründer ihres Ordens betrachteten, der, nach dem Zeugnis des Gregor von Nazianz, wiederholt für die Aussätzigen eintrat und vor den Mauern von Caesarea in Kappadokien auch ein Spital gegründet haben soll.
Der erste historische und authentische Hinweis auf ein Aussätzigenspital vor den Mauern von Jerusalem ist im „Commemoratorium de Casis dei" aus der Zeit Karls des Großen enthalten, in dem ein „Spital für Aussätzige" erwähnt wird, in dem „15 Aussätzige und 2 Mönche leben" — wahrscheinlich Orientalen, und zwar Armenier, die der Regel des heiligen Basilius gehorchten. Gewiß kommen wir hier dem wahren Ursprung des Lazarusordens sehr nahe. Jean Pierre Alem schreibt in seinem Buch „L'Armenie" (Paris 1959): „Es ist zu bemerken, daß im Jahre 370 einige armenische Mönche unter der Führung des heiligen Basilius Leprakranke pflegten. Jene Mönche bildeten den Ursprung des Lazarusordens".
So wie in der Geschichte großer Herrscherhäuser die Abstammungssage nicht ohne Einfluß auf die Träger der Herrschaft und damit auf die Geschichte selbst bleibt, kristallisiert sich auch in den Ursprungsberichten des Lazarusordens — so wenig gesichert manches auch sein mag — das Wesentliche am Selbstverständnis der Lazarusritter heraus:
Der Lazarusorden ist zweifellos orientalischen Ursprungs.
Der Lazarusorden denkt und handelt von Anbeginn sowohl in religiöser, rassischer als auch kultureller Hinsicht ökumenisch und tolerant.
Der Lazarusorden sieht seine vornehmste Aufgabe Zeit seiner Geschichte in der Krankenpflege.
Der Lazarusorden formiert sich erst allmählich — und unter dem Zwang der Umstände — auch zu einem militärischen Orden.
Der Lazarusorden ist — typisch für den Orient — von Anfang an synodal organisiert; in unserer (westlichen) Sprache: seine Macht und Souveränität lag schon immer im Generalkapitel.
Die Kreuzzüge
Ludwig XIV. nennt in seiner Deklaration vom April 1664 den Lazarusorden „den ersten militärischen Orden der Kirche, der die Feinde des Glaubens und der christlichen Religion bekämpft". Die Behauptung mag politisch oder symbolisch gemeint sein; stichhaltig ist sie nicht. Der Lazarusorden ist wohl der älteste hospitalische Orden, mehr, er ist auch jener Orden, der seinen ausschließlich karitativen Charakter am längsten bewahrte; er ist aber gewiß nicht der älteste militärische Orden.
Vor der Eroberung Jerusalems durch die Kreuzfahrer im Jahre 1099 gab es in der Heiligen Stadt drei bedeutende hospitalische Niederlassungen:
Das Hospital des heiligen Lazarus, das unter der Führung von orientalischen Mönchen stand (hauptsächlich armenischen „Basilianern").
Das Hospital Santa Maria Latina, eine Schöpfung des 4. Jahrhunderts, wiederhergestellt unter Karl dem Großen, hauptsächlich ein Pilgerheim für die „Lateiner".
Das Spital des heiligen Johannes, das im 9. Jahrhundert in der Nähe des Heiligen Grabes stand und später, gegen 1060, von Kaufleuten aus Amalfi wiederhergestellt worden war.
Letzte Aktualisierung am 14.12.2017
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